
Marie Ringler (Bildrecht: Ashoka Austria)
Marie Ringler ist so etwas wie eine Systemwandlerin und Innovationsakteurin: Eine Frau, die sich mutig und visionär dem gesellschaftlichen Wandel verpflichtet hat. Mit Ashoka, einem weltweiten Netzwerk für Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmer, verknüpft und begleitet sie Menschen, die zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen und positiven Wandel zum Wohle aller gestalten. Auch discovering hands ist ein Projekt, das innovative und systemverändernde Ansätze für die Lösung gesellschaftlicher Probleme entwickelt hat. Deshalb wird discovering hands auch von Ashoka auf dem Weg, die angestrebte gesellschaftliche Wirkung zu erzielen, begleitet. Wir treffen Marie Ringler an einem frühlingshaften Mai-Morgen und fühlen uns inspiriert von einer emphatischen und zielstrebigen Frau, die Ashoka 2010 nach Österreich gebracht hat.
Redaktion: Ashoka hat es sich zum Ziel gesetzt, Social Entrepreneurs auf der ganzen Welt zu fördern. Was fasziniert Sie persönlich an dieser Idee?
Marie Ringler: Wir leben in einer Welt, in der es unglaubliche Herausforderungen gibt. Wir brauchen daher auch ganz viele Menschen, die diese Probleme lösen. Das ist genau das, was Ashoka und auch discovering hands-Gründer Frank Hoffmann machen.
Und das ist auch unsere Vision bei Ashoka, nämlich eine Gesellschaft, in der jede und jeder Einzelne zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen und positiven Wandel gestalten kann. Jeder soll die Möglichkeit haben, ein Changemaker zu sein.
Redaktion: Sie haben in Ihrer beruflichen Laufbahn schon viel erlebt. Haben Sie auch Ihre eigene sozialunternehmerische Geschichte?
Marie Ringler: Absolut. Ich habe Ashoka nach Österreich gebracht und hier aufgebaut und das ist mein sozialunternehmerisches Engagement gewesen. Viel von dem, was ich auch davor gemacht habe, kann man in die „Social-Entrepreneurship-Schublade“ stecken.
Redaktion: Wie sind Sie zu Ashoka gekommen?
Marie Ringler: Ich bin zum ersten Mal vor 15 Jahren über Ashoka gestolpert, aber dann viele andere Dinge in der Zwischenzeit gemacht. Im Zuge meines MBAs bin ich aber über einen Harvard-Case von einem unserer Ashoka-Fellows aus Dänemark (Thorkil Sonne), der Menschen mit Autismus mit ihren Stärken in den Jobmarkt bringt, wieder zu Ashoka gekommen. Da hab ich mir gedacht: „Wow! Das ist ja toll. Das will ich machen.“
Redaktion: Was macht für Sie ein erfolgreiches Sozialunternehmen aus?
Marie Ringler: Erfolgreiche Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmer haben primär die Wirkung im Blick. Sie sind davon leidenschaftlich begeistert, die Lösung für das Problem in die Welt zu bringen. Diese Leidenschaft macht sie auch so erfolgreich.
Redaktion: discovering hands ist ja eines der Projekte, welches es durch den harten Selektionsprozess geschafft hat und somit von Ashoka unterstützt und gefördert wurde. Können Sie uns so einen Auswahlprozess bitte kurz beschreiben und erklären, warum discovering hands schließlich ausgewählt wurde?
Marie Ringler: Es ist wichtig zu erwähnen, dass Frank Hoffmann, der Gründer von discovering hands, in Deutschland als Ashoka-Fellow ausgewählt wurde. Ashoka unterstützt nämlich keine Unternehmen, sondern die Gründerpersönlichkeiten an sich. Dadurch ist discovering hands Österreich quasi mit dabei.
Der Auswahlprozess ist ein global standardisierter Prozess, der für alle Ashoka-Fellows in 90 Ländern gleich war und ist. Er basiert auf fünf Kriterien. Ist es eine innovative, systemwandelnde Idee, die überregional neu ist? Ist die Wirkung dieser Idee schon so weit bewiesen, dass man sehen kann, dass sie auch wirklich das Problem systemwandelnd lösen wird? Und dann haben wir noch drei wesentliche Kriterien, die die Persönlichkeit der Gründerin oder des Gründers betreffen: Ist es eine herausragende unternehmerische Persönlichkeit, die Möglichkeiten erkennt, Risiken überwindet und leidenschaftlich der Wirkung verpflichtet ist? Ist diese Person kreativ – ist sie also in der Lage, die Hürden auch gut zu meistern? Und ist sie zu 100 % ethisch integer?
Der Auswahlprozess ist dann sehr intensiv und läuft über mehrere, internationale Stufen. Lokale Länderteams finden idealerweise diese Sozialunternehmerinnen bzw. Sozialunternehmer, führen viele Gespräche, haben intensive Auseinandersetzungen über Lösungen, machen viele Checks. Erst dann schlagen sie die Kandidatin oder den Kandidaten für den internationalen Auswahlprozess vor. Dann kommen noch drei weitere Stufen bis hin zu unserem globalen Board. Dieser Prozess dauert zwischen sechs Monaten und zwei Jahren.
Redaktion: Wie viele Sozialunternehmen unterstützt Ashoka in Österreich?
Marie Ringler: Ashoka unterstützt in Österreich derzeit neun Sozialunternehmen. Europaweit haben wir circa 600.
Redaktion: Sie unterstützen discovering hands ja auch persönlich als Botschafterin. Warum liegt Ihnen die Initiative am Herzen?
Marie Ringler: discovering hands löst auf geniale Weise gleichzeitig zwei Probleme: Einerseits die Qualität der Vorsorge für mich als Patientin oder potentielle Patientin zu verbessern. Andererseits wird für uns als Gesellschaft aber auch umgedreht, was eine Stärke oder was eine Schwäche ist. Plötzlich wird durch discovering hands nämlich sichtbar, dass Menschen mit einer Behinderung etwas besser können als ich. Das ist ein wesentlicher Hebel, der da im Kopf umgelegt wird.
Redaktion: Sie haben auch bei der laufenden Studie mitgemacht und sich einer Brustuntersuchung durch eine MTU unterzogen. Wie haben Sie die Untersuchung erlebt?
Marie Ringler: Diese Untersuchungen sind ja immer ein bisschen unangenehm. Man geht zur Ärztin oder zum Arzt, möchte da aber nicht hin, weil man Angst vor schlechten Nachrichten hat. Diese Untersuchung durch eine MTU habe ich aber immer als extrem angenehm, entspannend und freundlich wahrgenommen. Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt, hatte nette Gespräche mit den Tastuntersucherinnen. Da nimmt sich jemand Zeit für ein Thema und eine Untersuchung, die für mich unter Umständen überlebenswichtig ist.
Redaktion: Von Frau zu Frau: Würden Sie anderen Frauen eine solche Untersuchung empfehlen? Und losgelöst von den Effekten für die sehbehinderten Frauen und für die Gesellschaft auf einer makroökonomischen Ebene: Wo liegt für Sie der Mehrwert auf der persönlichen Ebene?
Marie Ringler: Ja, definitiv. Ich habe die Tastuntersuchung schon vielen empfohlen! Der Mehrwert der Untersuchung? Sie stärkt das eigene Bewusstsein für das Thema Brustgesundheit. Das eigene Bewusstsein dafür, dass das eben in unseren Breitengraden nun mal die Haupttodesursache für Frauen unter 40 ist. Man wird sich bewusst, dass diese Untersuchung eben ganz wichtig ist.
Redaktion: Wie sehen Sie die Zukunft von discovering hands Österreich? Was wünschen Sie dem Projekt?
Marie Ringler: Für mich ist ziemlich klar, dass es darum geht, dass dieses Angebot österreichweit ausgerollt wird und alle Frauen die Gelegenheit bekommen, von dieser Untersuchung zu profitieren.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!
Marie Ringler hat an der Universität Wien Soziologie und Politikwissenschaften studiert und hält einen MBA der Hochschule St. Gallen. Nach 10 Jahren in der Politik brachte sie Ashoka, das weltweit größte Unterstützungsnetzwerk für Social Entrepreneurs, nach Österreich.
Redakteurin Vanessa Toth/ SuperPR