Seit ihrer Brustkrebsdiagnose vor etwas mehr als acht Jahren setzt sich Svenja Franke-Bruhn mit voller Kraft und Leidenschaft für die Rechte und das Wohlergehen von Brustkrebspatientinnen ein. In einem persönlichen Gespräch erzählt sie uns von den Herausforderungen, die sie für Brustkrebsbetroffene sieht, von den Ängsten, die sie tagtäglich begleiten und warum sie jeder Brustkrebspatientin das Pink Paddling nur wärmstens empfehlen kann.
Redaktion: Was ist Ihnen persönlich im Leben wichtig?
Svenja Franke-Bruhn: Mir ist es wichtig meine Freude am Leben, meine Offenheit und Integrität sowie meine Vielfältigkeit niemals zu verlieren; in mir selbst zu ruhen und meinen inneren Frieden zu haben – das hat sich nach meiner Brustkrebsdiagnose 2011 auch noch einmal ganz deutlich gezeigt. Besonders viel Kraft schöpfe ich aus meinem karitativen Engagement und meinen Hobbies. Ich liebe den interkulturellen Austausch. Ich liebe es zu reisen, zu lesen, die Musik und die Malerei.
Redaktion: Seit Jahren setzten Sie sich für die Verbreitung des Pink Paddlings ein. Was hat es mit dieser Bewegung auf sich?
Svenja Franke-Bruhn: Die Idee den Drachenbootsport als Rehabilitationssport für Brustkrebspatient*innen einzusetzen, hatte Dr. Don McKenzie, Professor für Sportmedizin an der University of British Columbia in Vancouver. Entgegen der damals gängigen Lehrmeinung, dass Brustkrebsbetroffene ein Training des Oberkörpers unterlassen sollen, um die Entstehung von Lymphödemen zu vermeiden, führte er vor über 20 Jahren eine aufschlussreiche Studie durch. 24 Brustkrebspatientinnen nahmen an seinem Experiment, das 3 Monate Krafttraining und 3 Monate Training am Wasser beinhaltete, teil. Keine der Teilnehmerinnen entwickelte in dieser Zeit ein Lymphödem – ganz im Gegenteil alle fühlten sich gesünder und vor allem glücklicher. Besonders geschätzt wurde auch die Kameradschaft und Zusammengehörigkeit, die durch den gemeinsamen Teamsport entstand. Das Ergebnis der Studie war also, dass Sportarten mit repetitiven Bewegungen des Oberkörpers, im Gegensatz zu Sportarten mit statischen Bewegungen (Tauziehen z.B.), sogar förderlich für Brustkrebsbetroffene sein können. Das kann ich auch aus persönlicher Erfahrung nur bestätigen. Der Grundstein für die Pink Paddling Bewegung war damit gelegt. Viele Nachfolgestudien haben den positiven Einfluss inzwischen bestätigt.
Redaktion: Was sind die Vienna Pink Dragons?
Svenja Franke-Bruhn: Als ich vor fünfeinhalb Jahren von Sydney, Australien, wo das Pink Paddling schon weitverbreitet war, nach Wien gekommen bin, gab es österreichweit noch keine einzige Pink Paddling Mannschaft. Das konnte ich so nicht einfach hinnehmen. Als Subgruppe der Vienna Dragons entstanden also die Vienna Pink Dragons – aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt zum Wohle Brustkrebsbetroffener, aber auch zur Steigerung des Bewusstseins für Brustkrebs in der österreichischen Gesellschaft.
Redaktion: Wie kann man bei den Vienna Pink Dragons mitmachen?
Svenja Franke-Bruhn: Bei uns kann jeder mitmachen – und es spielt keine Rolle, wann die Diagnose war, Hauptsache man bleibt aktiv. Einsteigen kann man jederzeit. Im Winter widmen wir uns jedoch eher dem Nordic Walking und dem Krafttraining. Nur wir alten Hasen paddeln an der Alten Donau das ganze Jahr durch - so lange sie nicht zugefroren ist.
Redaktion: Bei den Vienna Pink Dragons und auch als Kooperationspartnerin vom Brustkrebsnetzwerk Europa Donna Austria setzen Sie sich für Brustkrebspatientinnen, deren Anliegen und deren Wohlbefinden ein. Woher kommt dieses besondere Engagement?
Svenja Franke-Bruhn: Ich war immer schon sehr sozial und engagiert. Der spezielle Bereich meiner jetzigen karitativen Tätigkeiten ist sicherlich auf meine Brustkrebsdiagnose zurückzuführen. Vieles war dabei Zufall – manches auch Selbstzweck. Ich wollte nach meinen tollen Erfahrungen mit dem Pink Paddling in Sydney einfach auch hier in Wien weiterpaddeln – das kann ich mittlerweile auch. Großer Dank gebührt an dieser Stelle nicht nur unserem einzigartigen Vienna Pink Dragons Team, sondern vor allem auch den Vienna Dragons, die uns unermüdlich unterstützen, und dem WRK Donau, bei dem wir alle Mitglied sind!
Redaktion: Worin liegen Ihrer Meinung nach, die größten Herausforderungen für Frauen mit der Diagnose Brustkrebs?
Svenja Franke-Bruhn: Für mich persönlich ist es das Schwierigste, das Kopfkino auszuschalten. Deshalb schätze ich die Möglichkeit bei den Vienna Pink Dragons mitzumachen auch so sehr: Bei uns muss man nicht reden, aber man kann natürlich wenn man möchte! Auf dem Wasser verbindet uns ganz allein die gemeinsame Aktivität, hier zählt ganz alleine das Jetzt. Man kann richtig abschalten und die ständige Sorge, dass der Krebs wiederkommt oder weiter fortschreitet, für kurze Zeit beiseitelegen.
Redaktion: Welchen Rat würden Sie betroffenen Frauen mitgeben?
Svenja Franke-Bruhn: Im Jetzt leben, dankbar zu sein für das was jetzt geht und natürlich Bewegung, Bewegung, Bewegung. Und das sage ich nicht nur aus persönlicher Erfahrung –es ist auch wissenschaftlich bewiesen, dass Bewegung dazu beitragen kann, das Risiko eines Rezidivs, also dass der Krebs wiederkommt, zu senken beziehungsweise zu verzögern.
Redaktion: Welche Bedeutung hat für Sie die Brustkrebsfrüherkennung?
Svenja Franke-Bruhn: Eine riesengroße Bedeutung! Die Brustkrebsfrüherkennung ist enorm wichtig! Zur Zeit meiner Diagnose lebte ich in Neuseeland – dort ist das Brustkrebsfrüherkennungssystem anders ausgestaltet und das allgemeine Screening wurde (zumindest damals) in größeren Abständen durchgeführt bzw. später angefangen als in Österreich oder Deutschland. Hätte ich damals nicht von selbst beschlossen ab 45 jährlich eine Mammografie zu machen und diese auch selbst zu bezahlen, dann wäre mein Brustkrebs erst in einem sehr weit fortgeschrittenen Stadium entdeckt worden. Das Einzige was ich sehr bedaure, ist, dass mein Wissen rund um Brustkrebs damals noch nicht groß genug war. Heute würde ich bei Unsicherheiten nach einer Mammografie immer auf einem zusätzlichen Ultraschall bestehen.
Redaktion: Wie stehen Sie zu discovering hands Österreich?
Svenja Franke-Bruhn: Aus heutiger Sicht kann ich nur sagen: Hätte es zur Zeit meiner Diagnose in Neuseeland eine Initiative wie discovering hands gegeben, hätte mein Brustkrebs mit großer Sicherheit früher erkannt werden können und wäre damit noch nicht so weit fortgeschritten gewesen. Eine Tastuntersuchung hätte in meinem Fall eine sinnvolle Ergänzung zur Mammografie sein können. Einen der vielen Miniknoten, die ich selbst nicht spüren konnte, hätte eine ausgebildete Tastuntersucherin von discovering hands möglicherweise ertastet. Die Knoten hätten dann schon früher weiter untersucht werden können.
Redaktion: Wie sehen Sie die Zukunft von discovering hands Österreich?
Svenja Franke-Bruhn: discovering hands ist einfach eine tolle Sache. Ich sehe den Bedarf in zweierlei Hinsicht – bei Patientinnen einerseits und blinden und sehbehinderten Frauen andererseits! Besonders wichtig könnte discovering hands sicher auch in den Ländern werden, in denen sich Frauen ein regelmäßiges Screening oft nicht leisten können bzw. ein solches gar nicht angeboten wird.
Redaktion: Was würden Sie dem Team von discovering hands mitgeben?
Svenja Franke-Bruhn: Zuversicht und Mut – macht weiter so! Und ihr seid herzlich eingeladen, uns einmal auf unserem Vienna Pink Dragons Boot zu besuchen. :-)
Redaktion: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Svenja Franke-Bruhn: So lange wie möglich noch bei meiner Familie zu sein!
Redaktion: Vielen Dank für Ihre Zeit und das spannende Gespräch!
Redakteurin: Helena Gabriel