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Früherkennung mit Integrationsfaktor

Die Ärztin und Gründerin des Vereins NACHBARINNEN Dr. Christine Scholten im Interview über starke Frauen, discovering hands und warum gerade Frauen mit Migrationshintergrund davon profitieren könnten.

Dr. Christine Scholten (© Anja Foto)

Man könnte sagen, dass die Grundidee des Projekts NACHBARINNEN mit der von discovering hands verwandt ist: Beide Projekte bestärken Frauen in herausfordernden Lebenssituationen in ihrer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Durch Integration wird Freiheit möglich und sichert langfristig das friedliche Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft, was einen langfristigen Mehrwert für die Gesellschaft ermöglicht. Dr. Christine Scholten, die viele Jahre in ihrer Praxis für Kardiologie im 10. Bezirk in Wien tätig war, widmet sich heute vor allem dem Verein „NACHBARINNEN“, den sie vor fünf Jahren mitgegründet hat. Der Verein bildete Frauen, die u.a. aus Somalia, der Türkei oder Tschetschenien nach Österreich gekommen sind, zu Sozialarbeiterinnen aus. Die Frauen können so Familien aus ihren eigenen Communitys bei der Integration unterstützen. Wir haben mit Frau Dr. Scholten über Integration und Selbstermächtigung von Frauen gesprochen.

 

Redaktion: Liebe Frau Dr. Scholten, Sie sind Internistin und Kardiologin. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Verein NACHBARINNEN zu gründen?

Dr. Scholten: Ich hatte eine Kassenpraxis im zehnten Wiener Gemeindebezirk, in Favoriten. Ein Großteil meiner Patientinnen und Patienten war türkischsprachig. Ich hatte das Gefühl, dass die Frauen keine allzu große Freiheit genossen. Schon immer war es mir ein Bedürfnis, Frauen zu stärken und auf ihrem Weg zur Selbstbestimmtheit zu unterstützen und so stellte ich zum Beispiel türkische Mitarbeiterinnen ein und lernte selbst ein wenig türkisch, um die Frauen ohne männliche Begleitperson oder Kinder ins Untersuchungszimmer zu schicken. Ich versuchte dies zwar alles, scheiterte jedoch an sprachlichen und kulturellen Barrieren. Bei einer Veranstaltung lernte ich durch Zufall Renate Schnee kennen. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut und tauschten uns aus. Sie machte genau die gleichen Erfahrungen in ihrem Job als Sozialarbeiterin in der Bassena am Schöpfwerk, wie ich in meiner Branche. Eine Woche später entschlossen wir uns, ein gemeinsames Projekt zu starten, und wir begannen mit einer Gesundheits- und Sozialberatung am Schöpfwerk. Da wir aber nach wie vor mit Barrieren zu kämpfen hatten, holten wir uns eine türkischstämmige Frau namens Gül Ekici mit ins Boot, die weitgehend integriert war und gleichzeitig noch sehr mit der Community verbunden war. Sie war quasi unsere Bezugsperson. Selbstbestimmtheit und Integration stehen in einem engen Zusammenhang, da Integration einfach zu mehr Selbstbestimmtheit führt. Über diese Frau mit „Brückenfunktion“ – Brückenfrau - konnten wir zahlreiche Menschen erreichen. Nach zwei Jahren entschieden wir uns dazu, eine Sozialraumanalyse zu machen, um herauszufinden, welche Kulturen besonders isoliert in Österreich leben. In Kooperation mit der Alpen Adria Universität bildeten wir Frauen wie Gül zu Sozialarbeiterinnen aus, die dann für unsere Organisation arbeiteten.

Redaktion: Woher kommt Ihr Bedürfnis, sich sozial zu engagieren?

Dr. Scholten: Ich glaube, das ist genetisch bedingt. Generell komme ich zwar aus einem ganz anderen Umfeld, aber ich hatte immer schon den Hang mich sozial zu engagieren. Ich lebe ein wirklich wunderbares Leben und mir ist durchaus bewusst, dass sehr viele Menschen dies nicht tun. Durch dieses Projekt sah ich die Möglichkeit etwas zurückzugeben und habe diese genutzt.

Redaktion: Sie sind für dieses Engagement schon mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem Wiener Frauenpreis oder dem Get Active Social Business Award, den ja auch discovering hands erhalten hat. Was macht eine starke Frau aus?

Dr. Scholten: Ein aufrechter Gang, ein gerader Blick, konkrete Ziel- sowie Wunschvorstellungen und die Möglichkeit, diese auch zu verfolgen. Ich bin sehr stolz auf diese vielen Auszeichnungen, die allerdings alle NACHBARINNEN erhalten haben.

Redaktion: Wie können sich Frauen gegenseitig stärken?

Dr. Scholten: Das ist natürlich von Frau zu Frau abhängig. Unsere Methode ist es, die Frauen mit gewissen Vorzügen zu locken. Wir präsentieren ihnen beispielsweise Role Models, nämlich unsere NACHBARINNEN, die, ohne ihre Kultur völlig verlassen zu haben, dennoch sehr viel im Leben erreicht haben. Ein Grund für den Rückzug von vielen Migrantinnen und Migranten ist die völlige Überforderung in einer Welt, mit der sie in dieser Form noch nie in Kontakt getreten sind und die ihnen Angst macht. Wenn es dann aber Frauen aus dem eigenen Kulturkreis gibt, die ein Leben führen, das innerhalb der Community anerkannt wird und die dennoch nach westlichen Traditionen leben, arbeiten gehen und keine Berührungsängste vor der unbekannten Kultur haben, dann ist das für viele Frauen in gewisser Weise vorbildlich.

 

Redaktion: Was halten Sie von der Idee hinter discovering hands? Wo sehen Sie einen Mehrwert, insbesondere auch für Ihre Zielgruppe?

Dr. Scholten: Ich habe über Umwege von discovering hands erfahren und war sofort von der Idee hellauf begeistert. In discovering hands sehe ich eine großartige Möglichkeit für unsere Frauen aber natürlich auch für meine eigenen Töchter. Der Mehrwert für unsere Zielgruppe ist enorm, da wir sehr viel Anstrengung aufwenden müssen, traditionelle muslimische Frauen dazu zu bringen, sich einer Früherkennungsuntersuchung zu unterziehen. Wenn aber auch ihre Männer wissen, dass die Tastuntersuchung rein durch eine Frau vorgenommen wird, dann steht einer Untersuchung meist nichts mehr im Wege. discovering hands ist somit ein guter Ankerpunkt insbesondere für Frauen mit Migrationshintergrund – einerseits als erster Schritt in die Früherkennung, andererseits, um das Bewusstsein für Brustgesundheit grundsätzlich zu erhöhen.

Redaktion: Wie sehen Sie die Zukunft von discovering hands Österreich? Was sagt die Schulmedizinerin in Ihnen zu dieser Art von Untersuchung?

Dr. Scholten: Ich würde es sehr begrüßen, dass die Untersuchung künftig von der Krankenkasse übernommen wird. Ich habe selbst, auch als Ärztin, die Erfahrung gemacht, dass die gängigen Untersuchungsmethoden oft mangelhaft sind und daher ist es nur wünschenswert, dass etwas, das einerseits angenehm ist und andererseits einen wirklichen Erfolg mit sich bringt, als Beruf anerkannt wird. Denn es ist ja bewiesen, dass die meisten Mammakarzinome immer noch durch die Selbstabtastung entdeckt werden. Welche Erfolge brauchen wir also noch, um zu sagen, diese Methode wollen wir?

Redaktion: Und last but not least: Vielleicht haben wir bei unseren Leserinnen und Lesern Interesse geweckt - wie können außenstehende Personen den Verein NACHBARINNEN unterstützen?

Dr. Scholten: Einerseits durch Spenden, aber andererseits suchen wir auch verlässliche Lernhelfer. Eines unserer Angebote an unsere Familien, im Gegenzug für Integrationsschritte, sind Lernhilfen für ihre Kinder. Derzeit sind hauptsächlich Studenten und pensionierte Lehrer tätig. Manche unserer Helfer bieten auch Deutsch-Konversationsgruppen an, was wir sehr begrüßen, da wir natürlich erpicht darauf sind, dass unsere Familien Deutsch lernen. Helfende Hände können wir also immer gebrauchen.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!

 

Dr. Christine Scholten ist Kardiologin und Internistin. Bis 2005 war sie im AKH Wien tätig. Danach gründete sie eine Praxis für Innere Medizin und Kardiologie im 10. Bezirk in Wien. Im Jahr 2012 initiierte sie gemeinsam mit der Sozialarbeiterin Renate Schnee den Verein NACHBARINNEN, der Frauen mit Migrationshintergrund bei ihrer sozialen und beruflichen Integration unterstützt. Für ihr gesellschaftliches und humanitäres Engagement wurde Christine Scholten bereits mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Bruno Kreisky Menschenrechtspreis, dem Wiener Frauenpreis und dem Alexander Friedmann Preis. 2013 wurde sie gemeinsam mit Renate Schnee zur „Österreicherin des Jahres“ gekürt. 2017 erhielten die NACHBARINNEN den MigAward.  

Mehr zum Verein NACHBARINNEN unter http://www.NACHBARINNEN.at/

 

Redakteurin Lilly Derndler/ SuperPR

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