Alexandra Gruber hat discovering hands Österreich in seinen Anfängen geleitet und betreut. 2018 wurde sie mit dem Titel „Nachhaltige Gestalterin“ ausgezeichnet. Heute ist sie Geschäftsführerin der Wiener Tafel. Auf verschiedensten Wegen versucht sie seit Jahren, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Ihr Antrieb dabei ist es, Menschen zu helfen. Welche Erfahrungen sie dabei gemacht hat, welche Rolle die Gesundheit für benachteiligte Personen spielt und was sie aus ihrer Zeit bei discovering hands mitgenommen hat, erzählt sie uns im persönlichen Gespräch.
Redaktion: Gleich zu Beginn eine persönliche Frage: Was ist Ihnen in Ihrem Privatleben wichtig?
Alexandra Gruber: Mehr denn je: Ruhe und abseits des Tagestrubels zu sein. Gerade in meiner jetzigen Position habe ich viele Abendveranstaltungen und genieße es deswegen umso mehr Zeit mit meinen Eltern oder meinem Hund zu verbringen. Es zieht mich dabei auch immer mehr aufs Land.
Redaktion: Vom Privaten zum Beruflichen: Seit Jahren engagieren Sie sich in unterschiedlichen Bereichen. Bitte erzählen Sie uns kurz von Ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn?
Alexandra Gruber: Der Ursprung meiner beruflichen Laufbahn liegt in der Pharmazie. 20 Jahre lang habe ich in der pharmazeutischen Industrie und im Biotechnologiebereich gearbeitet. Nach und nach wurde mir jedoch bewusst, dass ich in diesen Bereichen nicht das bewirken kann, was ich mir wünsche, nämlich Menschen zu helfen. Es war Zeit mich umzuorientieren. Die „Making More Health“ Initiative von Boehringer Ingelheim erschien mir als vielversprechender nächster Schritt. „Making More Health“ verfolgt das Ziel, die Gesundheit weltweit zu verbessern. Ein Fokus hierbei liegt in der Identifikation und Unterstützung innovativer Lösungsansätze für Problemstellungen im Gesundheitsbereich. Während meines Engagements für diese Initiative kam ich auch erstmals in Berührung mit dem Thema „Social Entrepreneurship“. Ich war sofort fasziniert. Mein nächster Karriereschritt führte mich zur Wiener Tafel, bei der ich auch bis heute tätig bin.
Redaktion: Woher kommt Ihre Begeisterung für die Wiener Tafel?
Alexandra Gruber: Bei der Wiener Tafel begeisterte mich von Anfang an der Fokus auf Soziales und Umwelt. Die Wiener Tafel schlägt eine Brücke zwischen Überfluss und Bedarf und bietet so verständliche Lösungen für hochkomplexe Probleme an. Soziale Ungleichheiten werden reduziert. Gleichzeitig wird die Umwelt geschont. Wie auch discovering hands wirkt die Wiener Tafel also auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig.
Redaktion: In Ihrer Rolle als Geschäftsführerin der Wiener Tafel arbeiten Sie mit Menschen, die von Armut betroffen sind. Welche Rolle spielt das Thema Gesundheit in dieser Zielgruppe?
Alexandra Gruber: Das Thema Gesundheit steht bei dieser Zielgruppe in engem Zusammenhang mit der Ernährung. 6,6 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind von Ernährungsunsicherheit betroffen, was extreme Auswirkungen auf die Gesundheit, auf Folgeerkrankung bis hin zur früheren Sterblichkeit hat. Zudem wissen viele Leute nicht wie man sich ausgewogen und gesund ernährt. Es geht also in erster Linie darum gesundheitliche Grundbedürfnisse zu stillen, bevor sich Menschen generell mit ihrer allgemeinen Gesundheit und Themen wir Gesundheitsvorsorge auseinandersetzen können. Auch Selbstermächtigung spielt in diesem Kontext eine große Rolle.
Redaktion: Sie haben das Projekt discovering hands in Österreich ganz zu Beginn in der Evaluierungsphase geleitet und betreut. Wie kam es dazu und was waren damals die großen Herausforderungen?
Alexandra Gruber: Ich habe Dr. Frank Hoffmann bei einem NGO Kongress im Zuge meiner Tätigkeit bei der „Making More Health“ kennengelernt. Mit seiner Idee, den ausgeprägten Tastsinn sehbehinderter Frauen in der Brustkrebsfrüherkennung einzusetzen, hat er mich sofort überzeugt. Mich begeisterte vor allem der vielschichtige soziale Gewinn, der durch dieses Projekt entsteht. So kam es schließlich dazu, dass ich discovering hands in seiner Evaluierungsphase im Rahmen der „Making More Health“ Initiative betreuen durfte. Meine Hauptaufgabe hierbei bestand darin Referenzen bei Gynäkolog*innen und Radiolog*innen einzuholen. Das war keine einfache Aufgabe. Von der Idee waren viele sofort überzeugt. Es gab jedoch durchaus auch Leute, die an der Umsetzbarkeit von discovering hands gezweifelt haben. Es musste ein gemeinsamer Weg und vor allem eine sinnvolle Ausbildungsgrundlage für Österreichs erste Medizinisch-Taktile Untersucherinnen gefunden werden. Es ist dann schließlich gelungen, das derzeitige Pilotprojekt mit dem Gesundheitsministerium aufzusetzen.
Redaktion: Was nehmen Sie aus Ihrer Arbeit bei discovering hands mit?
Alexandra Gruber: Meine Arbeit bei discovering hands hat mich gelehrt, wie wichtig es ist ein starkes Netzwerk aufzubauen, das hinter einem Projekt steht und dieses unterstützt. Auch die Erkenntnis, dass man sich trotz teilweise ernüchternder Gespräche bloß nicht unterkriegen lassen soll, habe ich aus dieser Zeit mitgenommen. Hartnäckigkeit zahlt sich auf alle Fälle aus. Niemals vergessen werde ich aber auch die vielen positiven Begegnungen mit Menschen, die etwas Bewegen wollen und vor Herausforderungen nicht zurückschrecken.
Redaktion: Wie sehen Sie die bisherige Entwicklung sowie die Zukunft von discovering hands?
Alexandra Gruber: Rückblickend ist schon sehr viel passiert. discovering hands hat an Bekanntheit und Unterstützern gewonnen. Zudem befindet sichdiscovering hands momentan in einer sehr spannenden Phase. Die durchgeführte Wirksamkeitsstudie befindet sich in der Auswertungsphase. Ein positives Ergebnis, würde die weitere Entwicklung von discovering hands mit Sicherheit noch weiter vorantreiben.
Redaktion: Sind Sie auch schon selbst von einer Medizinisch-Taktilen-Untersucherin untersucht worden?
Alexandra Gruber: Ja, ich habe schon eine Tastuntersuchung durch eine sehbehinderte Medizinisch-Taktile Untersucherin durchführen lassen und fand es sehr vielversprechend. Die Atmosphäre während der Untersuchung war sehr angenehm und meine Medizinisch-Taktile Untersucherin hat sich sehr viel Zeit für die Untersuchung genommen, was ja sonst nicht immer der Fall ist. Auch die Wissensvermittlung zum Thema Brustkrebs ist mir positiv aufgefallen. Ich kann solch eine Untersuchung nur weiterempfehlen.
Redaktion: Und abschließend: Wenn Sie einen Wunsch freihätten, welcher wäre das?
Alexandra Gruber: Die Welt ein kleines bisschen besser zu machen, was wir auch durch die Wiener Tafel auf eine besondere Art und Weise versuchen. Einerseits, indem wir uns täglich praktisch-orientiert auf die Lebensmittelrettung fokussieren und andererseits dadurch, dass wir nicht müde werden, auf die Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen - also sowohl auf den Überfluss als auch auf den Mangel.
Danke für dieses spannende Gespräch!
Alexandra Gruber ist seit 2015 Geschäftsführerin der Wiener Tafel und seit 2017 zusätzlich ehrenamtlich Obfrau im Verband der österreichischen Tafeln. Davor war die promovierte Pharmazeutin von 1998 bis 2015 in der pharmazeutischen und Biotech Industrie tätig, zuletzt als Director Business Development & Key Account Management bei Boehringer-Ingelheim GmbH & Co KG.
Redakteurin Caro Koppensteiner/ SuperPR